Vorteile eines Testamentes

Notwendigkeit eines Testamentes/ gesetzliche Erbfolge/ Pflichtteil

Notar Ulrich Schmitz-Hövener
Hohenzollernring 67
48145 Münster
0251-42483

 

I. Einleitung

Wer soll nach meinem Tod mein Erbe sein? Wer bekommt einzelne Nachlaßgegenstände? Was gilt, wenn ich kein Testament mache? Bin ich in der Gestaltung meines Testaments frei? Fragen, die wir uns vielleicht häufig stellen, aber auch schnell wieder verdrängen. Viele behandeln das Thema Erben und Vererben als Tabu, während andere die Notwendigkeit des Handelns zwar erkennen, sich aber nicht fachkundig beraten lassen und Opfer fehlerhafter rechtlicher Gestaltungen werden.

Es ist keine Frage des Alters, die Erbschaft zu regeln. Gerade junge Menschen und Familien sollten für den Fall vorsorgen, dass ihnen etwas zustößt. Das Erbrecht ist in seinen Möglichkeiten, das Vermögen zu übertragen, inhaltlich derart detailreich, dass es oftmals für einen "Normal-Sterblichen" kaum überschaubar scheint. Gerade deswegen bedarf es Überlegungen, was mit dem Vermögen nach dem Tod geschehen soll, um wirtschaftliche Katastrophen oder vorprogrammierte Streitigkeiten zu vermeiden.

Oft gestaltet sich die Abfassung eines Testaments für den Laien nicht einfach. Zudem sind steuerrechtliche Gegebenheiten zu berücksichtigen. Häufig sind die Ausführungen des Erblassers nicht eindeutig formuliert, sodass viel in das Geschriebene interpretiert werden kann oder verschiedene individuelle und subjektive Auslegungen möglich sind. Auch gilt es, zwingende Formvorschriften einzuhalten. Bei Zweifeln oder Fragen ist es richtig und wichtig, sich kompetenter rechtlicher Hilfe zu bedienen. Die Kosten sind gut angelegt und können den Hinterbliebenen viel Leid und materielle Verluste ersparen. Die folgenden Seiten sollen einen kleinen Einblick in die "Grundbegriffe des Erbrechts" geben: Begriffe, die jeder zwar schon einmal gehört hat, die aber oftmals falsch verstanden werden oder vielleicht sogar völliges Neuland darstellen.

 

II. Erbschaft und Vermächtnis

Jeder hat einen oder mehrere Angehörige, die rechtlich etwas erben können. Im deutschen Recht gibt es keinen Nachlass, dem nicht ein Erbe zugeordnet ist. Der Erbe oder anteilig die Erben treten vollständig in die Position des Erblassers ein. Der oder die Erben übernehmen also alle Rechte und Pflichten an dem Eigentum des Verstorbenen und nicht nur an diversen Einzelstücken. Dies ist das Prinzip der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge. Wenn man einem guten Freund oder Verwandten nur einen speziellen Gegenstand, etwa ein Bild oder ein oder mehrere Schmuckstücke, zukommen lassen will, muss man deshalb ein sogenanntes Vermächtnis zu dessen Gunsten anordnen. Gerade in Testamenten, die ohne fachkundige Unterstützung angefertigt werden, kommt es in diesem Zusammenhang oft zu folgenschweren Fehlern. Um dies zu vermeiden, sollte man genau zwischen den Erben als Rechtsnachfolger und den Personen, denen man einzelne Gegenstände vermacht, unterscheiden und beide ausdrücklich und namentlich benennen.  

 

III. Das gesetzliche Erbrecht

Mit einem Testament oder Erbvertrag bestimmt der Erblasser selbst, wer Erbe wird oder wer einzelne Gegenstände erhält. Unterlässt er dies, gilt bei seinem Tod die gesetzliche Erbfolge, welche regelt, wer in welchem Umfang Erbe wird. Zum Kreis der gesetzlichen Erben zählen zunächst die Verwandten des Erblassers und weiter die überlebenden Ehepartner oder die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

a) Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten

Das Gesetz geht von dem Grundsatz aus, dass die Verwandten des Erblassers in einer ganz bestimmten Reihenfolge als seine Erben eintreten. Das Gesetz teilt die Verwandten in verschiedene „Ordnungen“ ein. Verwandte erben dann, wenn sie der dem Verstorbenen am nächsten stehenden Ordnung angehören. Verwandte erster Ordnung sind die Kinder; an die Stelle verstorbener Kinder treten deren Kinder etc. Verwandte zweiter Ordnung sind die Eltern; an die Stelle verstorbener Eltern treten deren Kinder, d.h. die Geschwister oder die Halbgeschwister des Verstorbenen. Das Gesetz definiert nach dem gleichen Schema dann noch die dritte und die vierte Ordnung sowie weitere Ordnungen. Weiter gilt es zu beachten: Die Verwandten zweiter Ordnung kommen erst zum Zuge, wenn Verwandte erster Ordnung nicht vorhanden sind. Das gleiche gilt im Verhältnis der Verwandten zweiter Ordnung zu denen dritter Ordnung usw. Innerhalb der Ordnungen gilt: Lebt zur Zeit des Ablebens des Erblassers ein Abkömmling, so schließt dieser seine eigenen Kinder und Kindeskinder von der Erbfolge aus.

b) Das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners oder des eingetragenen Lebenspartners Neben den Verwandten steht dem überlebenden Ehepartner oder dem überlebenden Partner einer eingetragenen Partnerschaft ein gesetzlicher Erbanspruch zu. Der Umfang des gesetzlichen Erbteils von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern richtet sich einerseits danach, welche Verwandten zur Erbfolge gelangen und andererseits nach dem Güterstand, in dem die Eheleute, bzw. eingetragenen Lebenspartner gelebt haben.

Der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner erbt neben Verwandten der ersten Ordnung grundsätzlich ein Viertel und neben Verwandten der zweiten Ordnung sowie neben Großeltern grundsätzlich die Hälfte. Sind weder Verwandte der ersten Ordnung, der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner die ganze Erbschaft. Das heißt: Abkömmlinge von Großeltern sowie Verwandte der vierten Ordnung erben neben einem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner nicht.

Leben die Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Regelfall), so erhöht sich der Erbteil um ein Viertel. Für die Verwandten bleibt dann nur der Resterbteil, der ihnen anteilig zusteht. Insgesamt erbt ein Ehepartner bzw. Lebenspartner im Güterstand der Zugewinngemeinschaft neben Verwandten der ersten Ordnung ein halb und neben Verwandten der zweiten Ordnung sowie neben Großeltern drei Viertel. Haben die Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner Gütertrennung vereinbart, gibt es keine Erhöhung der Erbquote. Grundsätzlich hat die Gütertrennung daher keine Auswirkungen auf die Höhe des Erbteils von ein Viertel. Davon gibt es allerdings Ausnahmen. Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehepartner oder der eingetragene Lebenspartner und jedes Kind zu gleichen Teilen. Damit ist sichergestellt, dass der überlebende Ehegatte neben den erbberechtigten Abkömmlingen des Erblassers immer mindestens genauso viel erben wie diese. Das gesetzliche Ehegattenerbrecht ist ausgeschlossen, wenn im Todeszeitpunkt die Ehe geschieden war oder die Voraussetzungen für eine Ehescheidung gegeben waren und der Verstorbene die Ehescheidung bereits beantragt oder ihr zugestimmt hat. Entsprechendes gilt natürlich auch für die eingetragene Lebenspartnerschaft. Andere Lebensgefährten, aber auch Stief- und Pflegekinder haben als solche generell kein gesetzliches Erbrecht. Soweit zur gesetzlichen Erbfolge, die gilt, wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt hat.

 

IV. Das Pflichtteilsrecht

Oft macht die gesetzliche Erbfolge für den Erblasser keinen Sinn oder der Erblasser möchte aus guten Gründen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Dies ist sein gutes Recht, weswegen er seinen „Letzten Willen“ formulieren kann. Hierbei ist er in der Gestaltung, wer Erbe wird und wer einzelne Gegenstände bekommt, relativ frei, wobei er im Auge haben muss, dass die Pflichtteilsrechte seiner Gestaltungsfreiheit entgegenstehen können. Pflichtteilsberechtigt sind nicht alle Verwandten, sondern ausschließlich die Kinder und Kindeskinder sowie der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner. Hat der Erblasser keine Nachkommen oder leben diese nicht mehr, so sind aber dessen Eltern pflichtteilsberechtigt.

Der Pflichtteil muss ausdrücklich gegenüber dem oder den Erben geltend gemacht werden und ist ein reiner Geldanspruch, d. h. der Pflichtteilsberechtigte kann von dem Erben nur die Auszahlung in Geld verlangen. Ein Anspruch auf bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass, z. B. ein Grundstück, besteht also nicht. Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt binnen drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Pflichtteilsberechtigte vom Tode des Erblassers erfahren hat und er wusste, dass er enterbt ist.

Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wer also nach gesetzlicher Erbfolge zur Hälfte erben würde, kann ein Viertel des Wertes des Nachlasses als Pflichtteil verlangen. Nur in sehr wenigen Fällen kann der Pflichtteil entzogen werden, so bei außergewöhnlich schwerem Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erblasser. Sollte ein Pflichtteilsentzug in Auge gefasst werden, sollte unbedingt der Rat eines Rechtsanwaltes oder Notars eingeholt werden.

Auch kann ein Pflichtteilsverzicht vereinbart werden. Dieser Pflichtteilsverzicht muss allerdings zwingend vor dem Notar abgeschlossen werden. Beratung ist hier unverzichtbar. Über die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten berät der Notar; das vermeidet unliebsame Überraschungen.

 

zurück